Nach einem Frühstück im Hostal sind wir mir dem Taxi zu unserer Werkstatt gefahren. Dort wollte sich die ganze Mannschaft erstmal von und mit uns vor Chingi fotografieren lassen, was wir gern taten. Irgendein Teil scheint kaputt zu sein, dass man erst in einer anderen Stadt bestellen muss. Heute sollen im Laufe des Tages erstmal die anderen Sachen gemacht werden (Öl- und Filterwechsel, Bremsen nachgucken etc.) und dann wahrscheinlich erst am Montag der Rest. Zum Schluss kam aber Oscar nochmal und meinte, das Ersatzteil könnte doch vielleicht heute schon besorgt werden.
Wir sind dann erstmal zurück zu unserem Hotel und haben dort ein bisschen gechillt. Uyuni liegt halt mitten in der Wüste und außer dem Salar kann man hier wirklich gar nichts unternehmen.
Mittags sind wir dann etwas essen gegangen und dann mit dem Taxi zum Friedhof der Züge gefahren, der einzigen Attraktion in der Stadt bzw. am Stadtrand. Diese alten Züge – die Züge wurden früher für den Salzabtransport genutzt – sind eigentlich noch gar nicht so alt, aber aufgrund des Salzes findet die Verwitterung beschleunigt statt. Diese verrosteten Züge in der Wüste würden gut in eine Westernkulisse passen. Immerhin gab es bei den Zügen noch ein paar geschweißte Metallskulpturen. Ansonsten ist diese Stadt wirklich unglaublich trostlos, zur trostlosen Western-Assoziaton würde noch passen, wenn ein paar Tumbleweeds (diese runden Büsche) über die staubigen Straßen rollen/wehen würden.
Einige Zeit verbrachten wir noch damit, den Hochzeitsvorbereitungen vor einer Kirche zuzugucken, das wirkte abllerdings nicht sehr fremd, sondern eher bekannt.
Dann rief Oscar an, dass wir nochmal zur Werkstatt kommen sollen. Also wieder ins Taxi und ab zur Werkstatt. Als wir ankamen waren wir etwas schockiert, weil unser lieber Chingi so ziemlich in seine Einzelteile zerlegt war (es wirkte wie dieser Cartoon zu einer IKEA-Anleitung, ein Auto aus einem Bausatz ikeamäßig zusammenzubauen). Ein ganzer Tisch lag voller Teile, wir konnten es gar nicht fassen, dass das Alles Innerein von Chingi waren. Das hatten wir uns unter einen Check-up nicht vorgestellt…Durchsicht inDeutschland heißt Ölwechsel und mal unter die Motorhaube gucken…., hier wird anscheinend das Auto dafür in seine Einzelteile zerlegt. Wir mussten dann noch auf Oskar als Übersetzer warten, die Zeit vertrieben wir uns, indem wir mit den Hunden spielten. Als Oskar dann kam, wurde alles aufgeschrieben, was unbedingt repariert und ersetzt werden muss: Stoßdämpfer, Gelenke der Kadernwelle, irgendwas an den Bremsen und an der Lenkung, irgendwelche Dichtungen….Das kaputte Teil müsste aus La Paz bestellt werden, aber Vladi will jetzt eine Lösung improsivieren. Alle anderen Ersatzteile sind da, da zum Glück der Toyota Hilux in ganz Südamerika das häufigste Auto ist. Wir haben schon von anderen Overlandern gehört, die bis zu drei Monate auf Ersatzteile gewartet haben. Jedenfalls kostet das Ganze schon mal 6000 Bolivanos an Ersatzteilen, die auch heute noch gekauft werden müssen. Wir müssen das jetzt einfach alles so hinnehmen und darauf vertrauen, dass es schon irgendwie stimmen wird. Oscar erklärte uns, dass hier alle 2000 km ein Ölwechsel und ein solcher Check-Up gemacht werde müsste, aufgrund der starken Beanspruchung der Autos und der hohen Staubentwicklung auf unasphaltierten Straßen. Auch das Auseinanderschrauben des Autos sei nötig. Vladi und seine Gang hätten so ein Auto wie unseres noch nie erlebt, dieses Auto hätte wohl noch nie im Leben eine Werkstatt gesehen. Er hätte viele Flaschen Lösungsmittel benötigt, um überhaupt all die Schrauben zu lösen. Unsere Beteuerungen, dass Chingi regelmäßig zur Inspektion ginge, wurden nur mit ungläubigen Kopfschütteln quittiert. Naja, stimmt ja auch andererseits. Komplett auseineandergeschraubt wurde er sonst wahrscheinlich nicht…, es ist hier aber auch eine nicht vergleichbare Beanspruchung der Autos. Wer weiß, wofür es gut ist, dass Chingi mal eine solche Grundsanierung erhält, nach Oskars Angaben hätten z.B. die Bremsen bei einer Wasserdurchquerung nicht mehr gut funktioniert…
Oscar ist also mit uns in die Stadt gefahren und Steffen hat alle Kreditkarten die wir so haben in die Geldautomaten gesteckt, da man ja immer nur einen beschränkten Betrag bekommt. Wir haben es irgendwie zusammenbekommen und sind wieder zur Werkstatt gefahren. Oscar hat uns – auf unsere Nachfrage, womit man dem Mannschaft eine Freude machrn könnte – noch empfohlen, beim Markt zu halten und zwei große Tüten Cocablätter und Getränke zur Motivation der Mannschaft zu kaufen. Gesagt, getan. Steffen hatte zwar große Bedenken, ob noch mehr Coca für die Arbeit an unserem Chingi zuträglich ist, aber Oscar war sich sicher, dass es für die Motivation nützen würde. Nun haben wir also auch mal 2 große Tüten (als würde man bei uns rohen Spinat kaufen) Coca-Blätter samt „Zubehör“ gekauft….
Jetzt kann man nur vertrauen, dass unser Chingi wieder richtig zusammengesetzt wird! Angeblich soll er morgen Abend fertig sein. Was wir morgen in dieser trostlosen Stadt bis dahin machen, wissen wir auch noch nicht, hoffentlich dürfen wir länger im Hotel bleiben
Abends sind erstmal wieder was essen gegangen, kochen können wir ja nicht. Oskar hat uns dann noch ein Restaurant empfohlen, in dem wir noch andere Reisende getroffen haben, mit denen wir noch ein paar Erfahrungen und Tipps austauschen konnten. Wir widerstehen hier aber selbstverständlich dem Lamafleisch, das es überall auf der Speisekarte gibt.
Unser Hostelzimmer hat zwar kein Fenster nach draußen (nur Lichtschächte und ein Fenster zum Innenhofgang, das scheint hier aber aus Sicherheitsgründen verbreitet zu sein, jedenfalls wurden wir verständnislos angeschaut, als wir nach einem Zimmer mit Fenster gefragt haben), aber dafür eine warme Dusche und sehr gutes Internet, so dass wir die Zeit immerhin zum Blogschreiben und Reiseleitern nutzen können.
Exkus Coca: Coca spielt in Bolivien eine große Rolle. Quasi jeder hier hat eine dicke Backe, in der ein Cocaprim steckt und entsprechend wenig Zähne im Mund, sowie eine Plastiktüte voller Cocablätter. Anne hat neulich auch mal Coca in Form eines Bonbons probiert, weil es auch gegen die Höhenkrankheit hilft und in der Hoffnung, dass sie beim Autofahren weniger müde wird. Offensichtlich verträgt sie aber kein Kokain, jedenfalls har sie anschließend das erste Mal auf dieser Reise „Montezumas Rache“ heimgesucht, jedenfalls ist das inzwischen unsere Erklärung dafür, weil wir alles andere zusammen gegessen hatten. Außerdem schmeckt es wirklich schauerhaft, ein bisschen wie vergorenes Gras.
Bolivien ist der Hauptlieferant von Cocablättern, der Grundlage des Kokains. Schon lange vor der Entdeckung dieses Suchtmittels 1860 wurde der Cocastrauch in den Anden kultiviert, denn er galt den Inkas als heiliges, göttliches Geschenk. Cocablätter wurden damals bei religiösen Ritualen, medizinischen Behandlungen und als Grabbeigaben verwendet.
Doch auch im täglichen Leben hat Coca heute noch eine große Bedeutung. Denn wer Cocablätter (vermischt mit Pflanzenasche und Kalk) kaut, der wird leistungsfähiger, Schmerz, Hunger, Durst und Kälte werden weniger wahrgenommen. Dies spielt vor allem bei der harten Arbeit in den Minen und auf den Feldern (und anscheinend auch in Autowerkstätten) eine Rolle. Medizinisch hilft Coca gegen Magenverstimmungen und gegen die Höhenkrankheit. Cocapflanzen sind sehr anspruchslos und gedeihen auch auf kargem Boden ohne viel Pflege.
Die Legalisierung der Coca und deren kommerzielle Nutzung war eins der großen Wahlversprechen von Evo Morales. „Coca ja, Kokain nein“, heißt die Kampagne, mit der Bolivien für die Legalisierung wirbt, damit die Cocapflanze von der Liste der Suchtstoffmittel der UN gestrichen wird. Tatsächlich ist Coca chemisch gesehen an sich nicht gefährlich. Nur ein Prozent des Blattes kann mit hohem Einsatz von Chemikalien überhaupt zu Kokain verarbeitet werden.
Trotzdem sieht es nicht so aus, als werde Bolivien mit der Legalisierung von Coca Erfolg haben. Neben der USA, die seit Jahrzehnten einen regelrechten Krieg gegen den Coca-Anbau führen, ist auch die Internationale Drogen-Kontrollstelle (INCB) strikt dagegen.
Morales, früher selbst Cocabauer, verwies die Anti-Drogen-Einheiten der USA des Landes und unternahm selber nichts gegen den illegalen Anbau. Dies führte dazu, dass besonders in der subtropischen Region inzwischen geschätzt etwa 80.000 Familien vom Coca-Anbau leben, das hauptsächlich in der auch in Bolivien illegalen Kokainproduktion verarbeitet wird. In zahllosen kleinen Laboren, die über das ganzer Land verstreut sind, werden die Blätter in einem aufwendigen chemischen Verfahren zu Coacapaste verarbeitet. Für ein Kilo Cocapaste werden dabei 600 kg Cocablätter benötigt. Kleine Flugzeuge, die von versteckten Pisten starten, bringen die wertvolle Fracht dann nach Kolumbien, wo sie zu reinem Kokain weiterverarbeitet und dann in die USA und nach Europa geschmuggelt wird. Die Hälfte des weltweite Anteils von Kokain kommt inzwischen aus Bolivien. Der Drogenhandel beschert der Region allerdings keinen Aufschwung, sondern destabilisiert sie. Die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Cocabauern mehren sich. Auch steigt der Konsum von Drogen in Bolivien selbst und damit auch die Drogenkriminalität.
In den angrenzenden Ländern ist Coca verboten, wenn es teilweise auch zum persönlichem Gebrauch geduldet wird. Auch die zu Lutschbonbons verarbeiteten Cocablätter, die wir schon in San Pedro de Atacama im Hinblick auf Probleme mit der Höhe gekauft hatten, dürfen auf keinen Fall zurück nach Deutschland. (Schde, wäre ein interesantes Mitbringsel).



































Na da habt ihr euch aber einen spannenden und authentischen Ort rausgesucht, um nach 25.000km endlich mal zu entspannen. Hoffentlich wissen die Mechaniker auch, wie man euren Chingi wieder zusammenbaut und haben am Ende nicht noch eine handvoll Teile übrig. Wir drücken euch auf jeden Fall ganz fest die Daumen.
Wenn ihr schon keine Cocabonbons mitbringen dürft, dann hoffentlich wenigstens den süßen Hund 🙂
Liebe Grüße Steffi und Andreas