Heute ließen wir es sehr ruhig angehen. Unsere geplante Tour zu den Marmorgrotten fand heute nicht statt, da der Wind zu stark angekündigt war. Beim Abwaschen des Abendgeschirrs (warmes Wasser gibt es nur bis 20.00 Uhr, grrrr), kamen wir mit Christopher aus dem Saarland ins Gespräch, der die Carretera Austral mit dem Fahrrad fährt. Wir luden ihn zu einem ausgiebigen Frühstück ein, da er um Gewicht zu sparen seinen Kocher usw. vor ca. 100 km zurückgelassen hat. Er kommt hier wieder vorbei, fährt nur „stichmäßig“ die Carretera bis zum Ende und hatte endlich mal wieder Kaffee, Tee, Ei und warme Brote.
Danach erkundeten wir Puerto Rio Tranquilo, einer der wenigen Orte auf der Carretera Austral. Damit waren wir allerdings schnell fertig, da es nur aus vier Häuserreihen und sechs Querstraßen besteht. Der einzige Geldautomat an der Tankstelle ist leider seit über einer Woche kaputt.
Anschließend fuhren wir die Ruta de los Ventisqueros (Straße der Gletscher), die einzige Stichstraße von der Carretera weg in dieser Gegend. Diese Straße war wirklich spektakulär. Auch sie war gesäumt von tausenden von Lupinen in allen Gelb- und Lilatönen. Wir fuhren auf der Piste erst durch eine Landschaft, die an eine österreichische Alm erinnerte (liebliche Wiesen von Schneegipfeln und Hängen mit hunderten Wasserfällen umrahmt), dann wurde es immer wilder, vorbei an Lagunen, unendlichen Wasserfällen, Felsvorsprüngen und dichtem Wald.
Nach 40 km kamen wir an ein Häuschen mit einem deutschen Schild „Kaffee und Kuchen“. Wir hielten natürlich an und wurden von einem deutschen Ehepaar und ihren 12jährigen Tochter begrüßt, die vor 22 Jahren von München hierher gezogen sind, um auszusteigen. Sie baten uns dann auch in ihr Haus zu Kaffee und Apfelkuchen, neben Vermietung von Zimmern ihre „Haupteinnahmequelle“, allerdings waren wir heute die Ersten und es ist „Hauptsaison“. Wir haben sie dann über ihr Leben hier ausgefragt und was ihre Beweggründe nach Chile zu ziehen waren und wie ihr Alltag in Chile aussieht. Der Auslöser war wohl eine mehrmonatige Reise, nach der sie sich nicht mehr in Deutschland einfinden konnten und ihnen in Deutschland auch vieles nicht gefiel. Sie haben dann dieses Grundstück wirklich am allerletztem Ende der Welt gekauft und dort ein Haus gebaut. Es gibt Strom aus einem eigenen Generator, ansonsten nix. Sie haben drei Zimmer zu vermieten und bekochen die Touristen dann auch. Außerdem stellen sie noch Löwenzahnhonig und Calafatelikör her. Sie verdienen allerdings so wenig, dass sie quasi nie ihr Grundstück verlassen, einmal in 22 Jahren waren sie in Argentinien. Alle zwei Wochen fahren sie ins Dorf zum Einkaufen (50 km Schotterstrecke). Vor zwei Jahren waren sie allerdings aufgrund eines Erdrutsches, der die Straße zerstört hat, monatelang abgeschnitten. Sie wurden dann irgendwann über Boote versorgt. Ihre Tochter hat noch nie eine Schule besucht, sie hat bis jetzt alles im Homeschooling gelernt. Am Ende jedes Schuljahres muss sie nach Puerto Mont und dort eine Prüfung ablegen. Jetzt hat die Tochter aber durchgesetzt, dass sie ab der 7. Klasse im Dorf zur Schule gehen und dort bei Freunden wohnen darf, da sie Kontakte zu anderen Kindern haben will. Sie ist zwar trotzdem dann die einzige Schülerin der 7. Klasse, aber es gibt immerhin zwei Mädchen in der 8.Klasse, mit denen sie dann gemeinsam unterrichtet wird. Nach der 10. Klasse geht man dann in diesen Gegenden sowieso ins Internat. Interessant war noch die Information, dass die Frau sich neulich ihren Arm ausgekugelt hatte und dann beim Arzt im Dorf war, der ihn immerhin unter Narkose wieder einkugeln konnte. Selbst im kleinsten Dorf scheint also eine medizinische Notfallversorgung zu sein, sehr beruhigend! Bei allen interessanten Informationen die wir bekamen waren wir doch zunehmend etwas angefasst….
Wir fuhren dann weiter und wanderten zu einem Gletscheraussichtspunkt durch den Regenwald, sehr schön. Der Wald ist so undurchdringlich, dass man es ohne Weghilfen (Stege und Geländer) gar nicht bis zum Gipfelpunkt schaffen würde, es gab eine Rangerstation, von der aus das gemacht wird. Von oben hatten wir dann eine Überblick über die hiesigen Gletscherausläufer, man konnte sehen, wie das Moränenfeld bei Rückzug des Gletschers aussieht (hier ist er rückläufig, sieht aus wie eine riesengroße Kiesgrube).
























