Heute haben wir zwei Jesuiten-Reduktionen besichtigt. Eine liegt direkt bei uns im Ort, die andere im 20 km entfernten San Ignacio.
Exkurs Jesuitenreduktionen: 1558 kamen die ersten Jesuiten nach Paraguay. Sie waren zunächst als Wandermissionare tätig, gründeten dann aber bald – da die Wandermission erfolglos blieb – die ersten Siedlungen, die Reduktionen genannt wurden. In diesen Reduktionen lebten einige hundert bis mehrere tausend Indianer gemeinsam mit einigen Padres und man betrieb Handwerk und Landwirtschaft zur Selbstversorgung.
Die ersten Reduktionen gründeten die Jesuiten in Guaiará, im heutigen brasilianischen Bundesstaat Paraná, weitab der spanischen Siedlungen. Schließlich wollten die Jesuiten die Indianer dem spanischen Encomienda-System entziehen und sie vor Kontakten mit den spanischen Kolonialisten, die eher als Eroberer daherkamen, schützen.
Aber auch für die spanischen Kolonialisten war die Missionstätigkeit der Jesuiten zunächst nützlich, denn so wurden die kriegerischen Indianervölker befriedet.
Dennoch entstanden Konflikte der Jesuiten mit den Spaniern in Südamerika. So fürchteten diese in Paraguay schon früh, dass die Jesuiten einen eigenen Staat gründen wollten. Außerdem waren die Reduktionen wirtschaftlich sehr erfolgreich. Sie erzielten bedeutende Überschüsse, denn anders als die anderen Siedler genossen sie Steuerfreiheit. Zudem wurde immer wieder das Gerücht verbreitet, die Jesuiten wären in ihren Gebieten auf Gold gestoßen und wollten es der Krone vorenthalten.
Die ersten Reduktionen waren nicht sicher. Immer wieder überfielen Sklavenhändler aus Sao Paulo die Ansiedlungen, verschleppten und versklavten massenweise die Guarani-Indianer. So zogen die Jesuiten um: Man verlagerte die Missionstätigkeit weiter nach Süden in die Gegend um die heutige argentinische Provinz Missiones.
In den Reduktionen wurde in einer Art Kollektivwirtschaft produziert. Die meiste Zeit arbeitet man für das Gemeineigentum auf Feldern, die der Gemeinschaft gehörten, außerdem besaß aber jeder Einzelne noch zusätzlich Land. Alle Mitglieder der Reduktionen wurden gleich behandelt, sie hatten einen Wohnraum und nur wenige private Güter, darüber hinaus gab es Gemeinschaftsräume und Versorgungsstätten wie Krankenhäuser und Altersheime.
All dem standen die Jesuitenpater vor, was der Hauptmangel der Reduktionen war: Die Padres hatten die Indianer immer nur als Schutzbefohlene, als unmündige Kinder angesehen. Zwar hatten sie die Sprache und die Kultur der Guarani ernst genommen, deren Sprache verschriftlicht und diese auch lesen und schreiben, sowie andere Handwerkskünste gelehrt. Aber mit dem Ziel sie zu erziehen. Auch ohne ihre Anleitung die Reduktionen weiterführen zu können, auf diese Idee waren die Jesuiten nie gekommen. Die Ansiedlungen waren letztlich auf Gehorsam statt auf Selbstverwaltung gegründet.
Die Angst, dass die erfolgreichen Jesuiten einen eigenen Staat gründen würden, wurde mit der Zeit zu groß. Nachdem Karl III. 1767 die Ausweisung der Jesuiten verkündet hatte und die 500 Mitglieder der Sociedad Jesu, die den Reduktionen vorstanden, verhaftet und in Ketten gelegt nach Europa gebracht worden waren, ging alles sehr schnell. Die meisten Dörfer verfielen innerhalb einer Generation. Lebten zur Zeit der Ausweisung der Jesuiten noch 100.000 Guarani in dreißig Niederlassungen, so waren es 1802 nur wenig mehr als 30.000. 1840 wurden die Reduktionen auf Befehl der spanischen Krone endgültig aufgelöst. Sie verfielen und wurden vom Urwald überwuchert.
San Ingnacio Mini ist von allen 30 Reduktionen die am besten erhaltene Siedlung Argentiniens, zählt zu ihren bedeutendsten historischen Sehenswürdigkeiten und ist UNESCO-Weltkulturerbe.
1609 im brasilianischen Guaiará gegründet, kam es ab 1627 immer wieder zu Überfällen von Sklavenhändlern. 1632 wurde deshalb beschlossen die dortigen Reduktionen aufzugeben. Etwa 12.000 Indios suchten sich ihren Weg durch den Urwald. Sie flößten auf Flüssen bis zum Rio Paraná und weiter durch den unberührten dichten Urwald, bis sie eine Stelle fanden, wo sie ihre neue Reduktion, San Ignacio Mini, gründeten. Bereits 1715 stand sie in hoher Blüte, 4000 Menschen bewirtschafteten eine Fläche von 10 Hektar. Wie sie lebten, kann man den Ruinen heute noch gut ansehen. Die Siedlung war gut organisiert, sie gruppierte sich, regelmäßig angeordnet, um die große zentrale Plaza de Armas, wo auch die Kirche stand. Hinter der Kirche gab es Sozialräume, wie Unterrichtsräume, Speisesaal, Küche, Werkstätten und den Friedhof. Nach 1767 verfiel die Siedlung schnell und wurde vom Urwald überwuchert. Erst 1941 begann man mit der Freilegung und Restaurierung. Besonders schön ist die Ruine der großen Kirche, die im als „Guarani-Barock“ bezeichneten Stil erbaut wurde. Die von den europäischen Baumeistern vorgegeben barocken Formen wurden von den indianischen Steinmetz-Künstlern aufgenommen und mit ihren eigenen Themen verknüpft, besonders in den Tier- und Pflanzendarstellungen.
Wir besichtigten zunächst San Ignacio Mini. Die Atmosphäre dort war wirklich sehr beeindruckend und stimmungsvoll. Anschließend fuhren wir noch zur zweiten Reduktion Santa Ana. Diese war deutlich verfallener. Dies liegt auch daran, dass viele Steine aus Santa Ana zur Restaurierung von San Ignacio Mini verwendet wurden. Trotzdem konnte man die Struktur der Siedlung noch gut erkennen und der Verfall, bzw. die Rückholung durch den Urwald hatte seinen ganz eigenen Reiz. Besonders gefiel uns der Friedhof, der zum Teil zwar noch jüngeren Datums war (die Ende 19. Jahrhunderts eingewanderten Siedler nutzen den alten Friedhof ebenfalls für sich), z.B. ein Mausoleum, das komplett von einem Baum durchdrungen war.
Danach fuhren wir erstmal wieder zu unserer Hütte. Wir erholten uns erstmal unter der Klimaanlage und gingen noch zu unseren Steg und durch den Wald in der Hoffnung Affen zu sehen, die es hier überall gibt. Mehr als zwei im Dickicht flüchtende konnten wir nicht antreffen, aber immerhin ein Tucan ließ sich fotografieren.
Zu 20.00 Uhr fuhren wir nochmal nach Sam Icnacio Mini, da dort eine Abendveranstaltung stattfand. Man wurde in einer Gruppe durch die Ruinen geführt und es fand an immer neuen Orten eine Ton-Lichtschau statt, die die Geschichte der Reduktion erzählte. Dazu wurden Bilder auf Bäume, Ruinen und Trockeneisnebel projeziert, ziemlich cool. Das ganze wurde mit monumentaler Musik und Geräuschen untermalt. Besonders die Szenen, wo die Sklavenhändler die Indianer jagen waren sehr dramatisch.
Leider haben wir nicht alles verstanden. Klar wurde aber, dass die Reduktionen als ein gemeinsamer Traum von zwei vereinigten Kulturen dargestellt wurde, wo es zwei Völker gelang in gegenseitigem Respekt und dazu wirtschaftlich sehr erfolgreich zusammenzuleben. Bei aller Kritik, die es aus heutiger Sicht sicherlich gibt, ist diese Sicht aus der damaligen Zeit verständlich. Zwar betrachteten die Jesuiten die Indianer als nicht wirklich gleichberechtigt, ansonsten aber wurden sie nicht einmal als Menschen gesehen, sondern einfach abgeschlachtet. Auf jedem Fall eine sehr spannende Geschichte!






















